Sunday, April 09, 2006

Kann-Ich-mal-“kurz“-vorbeikommen-Leute

Wer kennt ihn nicht? Diesen unliebsamen Hausgast,den man einfach nicht wieder los wird. Meistens beginnt alles ganz unscheinbar. Irgendein Bekannter ruft mitten im heiligen Fernsehabend an und bittet um irgendeinen Gefallen ( sei es eine gigantische Summe Bargeld, einen Crackstein so groß wie eine Warzenmelone oder am besten gleich ein Attentat auf irgendeinen Kriegstreiber im Mittleren Osten ), da man sich ja eigentlich nichts böses dabei denkt willigt man ein, ohne sich wirklich daran zu erinnern, daß es sich bei dem Anrufer um eben einen von diesen unliebsamen Hausgästen hält. Im guten,alten, finsteren Mittelalter würde man jetzt einen der Verteidigungstürme besetzten und die anrückenden Barbaren einfach mit ein paar Ladungen heisser Pisse, die man gezielt vor der Burgmauer runterkübelt, wieder in die menschenfeindliche Wildnis zurückschlagen.
Aber im guten, alten 2004 sieht die Sache schon etwas problematischer aus.

Ding Dong!

Auch du Scheiße. Es geht schon los. Vielleicht hilft es ja einfach nicht die Tür zu öffnen und sich ganz ruhig zu verhalten. Wenn es keine Beute wittert wird es schon weiterziehen.

Ding Dong, Ding Dong!!

So wie es scheint kann die Kreatur Angst wittern. Das oder der wohlige Haschgeruch ist unter der Türschwelle durchgezogen und hat die Anwesenheit eines Opfers verraten. Verdammte Frottéhandtücher! In dem Hotel sollte man besser nicht mehr klauen; miese Qualität halt.
Wie dem auch sei. . . .

Ding Dong, Ding Dong, Ding Dong!!!

Sich einfach in sein Schicksal ergebend kann man jetzt genauso gut die Tür öffnen. Ein schockierendes Bild tut sich auf; die als einzelner Jäger vermutete Kreatur agiert im Rudel. Jeglicher Versuch die leicht geöffnete Tür sofort wieder zu schliessen schlägt bedingt durch einen Springerstiefel im offenen Spalt fehl. Verdammte neolistische Schuhmode. So einem Mokassins tragendem Körnerfresser hätte die Aktion doch glatt den Fuß gekostet; wenn nicht gleich das ganze Bein.
Nun wo die Parasiten ungehindert ins innere der Wohnung dringen wird es Zeit für eine schmerzhafte Neubewertung der Situation. Zum guten Gastgeber genötigt, man versucht ja schließlich auch noch im Angesicht der schrecklichsten Realitäten ganz Gentleman zu bleiben, bietet man den Wilden ein paar Sitzplätze an. Aber nur für den internen Gebrauch versteht sich natürlich; mit nach Hause nehmen ist nicht. Um etwaige Misverständnisse auszuschliessen ist es immer besser dies lauthals zu verkünden; am Besten noch bevor die Personas non grata abgelegt haben.
Nachdem man versucht schleunigst auf den Punkt zu kommen stellt man innerlich erschaudernd fest das diese häßliche, hoffentlich nur kurzweilige, Neueinrichtung eigentlich gar keinen wirklichen Grund zu dieser jähen Belästigung hatte, sondern einfach mal reinschauen wollte.
Der Herdentrieb also. Leicht geschmeichelt davon, daß der unerwünschte Gast seinen eigens mitgebrachten Schergen scheinbar nicht als vollwertigen Konversationspartner betrachtet, setzt man ein kleines Lächeln auf. Dies ist ein klassischer Fehler in der Verteidigungstrategie, der von einem erfahrenem Nassauer binnen Sekunden zum "Einnisten bis auf weiteres" genutzt werden kann. Der Aufwand die Sache trotz dieses groben Schnitzers noch in einen zeitlich erträglich Rahmen zu lenken würde immens gesteigert werden. Am Besten spritzt man sich sicherhaltshalber schon bevor man die Tür öffnet die Fresse voll mit Botox, damit dürfte es dann mit offensichtlichen Gesichtsregungen fürs Erste vorbei sein.

Während die ersten halb-ausgesoffenen Bierdosen auf Oma´s antikem Perser platt getreten werden versucht man einleuchtende Argumente für eine Vertreibung dieser unerwünschten Subjekte zu finden. Das Wohnzimmer ist zu einem besetzten Gebiet geworden; solidarisches Gedankengut für den Kampf der Leute in Palästina oder dem Iraq schwirren einem wirr im Kopf herum. Es wird Zeit für einen vernichtenden Schlag gegen diese Besatzer. Irgendetwas das sie zwingt die Dosen niederzulegen und das Feld zu räumen.

Heurika!
Eine der ersten Möglichkeiten wäre sicherlich in den Keller zu gehen und Vati´s großes Hakebeil zu Holen; ein Regenmantel wäre bestimmt auch noch im Haus. Aber wahrscheinlich hat eine dieser armen Seelen sogar "American psycho" gelesen oder immerhin die durchaus erträglich Verfilmung gesehen. Vielen Dank Hollywood das du diesen Plan vereitelt hast!
Folgerichtig bleiben nur noch schlaffe, philantropische Lösungsansätze, die einen nicht wirklich zufrieden stellen können...... aber in der Not . . .

Mit der durchsichtigen Ausrede das man noch ein paar Videokassetten zurück zur Videothek bringen muss erreicht man schonmal einen kurzfristigen Abzug; zumindest denken die gemeinen Besatzer das es nur kurzfristig sein wird.
Sobald man die Haustür hinter sich geschlossen hat beginnt man jetzt einen irren Spurt in Richtung Freiheit und Seelenfrieden. Bloß nicht zurück sehen, schließlich will man ja nicht zur Salzsäule erstarren. Wenn das erboßte Geschrei über diese dreiste Jahrhundert-Flucht langsam in der Finsternis verstummt ist es Zeit anzuhalten. Falls dingend Notwendig kann jetzt der sowieso längst überfällige Film zurück zum Videoladen gebracht werden. Aber einen Klassiker wie "Oma pervers Teil 5 " kann man sich ruhig noch zwei bis drei Mal ansehen. Geschissen auf die happige Nachgebühr; so oder so kaputt. Im Schutz der Dunkelheit schleicht man nun solange um die eigene Home-Base bis die Luft absolut rein erscheint, den schließlich will man ja jetzt nicht den wütenden Barbaren in die Hände fallen. Sicher würden sie in zornigen Wahn ein paar Ochsen ranschaffen und zum fröhlichen Vierteilen ausholen. Sollten diese Wilden nun ein Lager vor dem angestrebten Ziel aufgeschlagen haben wird einfach das Handy gezückt und die jedem Kind bekannte Nummer gewählt:

110.

Den freundlichen Staatschützern in grün erklärt man nun kurz irgendwelche Sachen von ungefähr drei Duzend Arabern die hier um eine brennende Mülltonne tanzen und irgendwas von Revolution faseln. Auf die Frage ob dann lieber gleich eine ganze Hundertschaft heranbeordert werden solle entgegnet man das der nächste Krieg anscheinend in einem Vorort von Hamburg beginnt und sie verdammt nochmal alles schicken sollen was schiessen kann.

Von einem benachbarten Grundstück aus kann man sich dann noch ein schönes Stück unnötiger Polizeibrutalität reinziehen bevor man endlich nach Hause kann um den heiligen Fernsehabend fortzusetzen. Sollte eine Kamera zur Hand sein wird dringend angeraten das Spektakel aufzuzeichnen, um jenes brisantes Material dann entweder an "Spiegel TV" oder an das hamburger Polzeipräsidium zu verkaufen; kommt ganz darauf an wer mehr bietet.



Cash rules everything around me . . .